Weihrauchöl
Die verschiedenen Wirkungen ätherischer Öle sind heute allseits bekannt. Nicht nur die Aromatherapie nutzt die anregenden oder beruhigenden Effekte duftender Öle. Auch in der Pharmazie werden ätherische Öle zum Aromatisieren von Salben oder wegen erwiesener heilwirksamer Effekte eingesetzt. Besonders interessant sind dabei die Weihrauchöle. Ihr schwerer, süßlich-warmer Duft, der zuweilen frische Zitrusnoten enthält, begeistert seit mindestens 5.000 Jahren Menschen in aller Welt. Von den alten Ägyptern bis zu den Chinesen reicht die Palette der Verwender.
Weihrauchöl wurde von verschiedenen Völkern als Schönheitsmittel, Kosmetikum, Heilmittel oder zeremonielles Salböl verwendet. Es bedarf jedoch zunächst der Wasserdampfdestillation, um aus dem zähen Weihrauchharz das Öl zu extrahieren. Das Weihrauchharz wird zusammen mit heißem Wasser in einen Destillationskolben gebracht und dann mit heißem Wasserdampf bedampft. Durch diesen Prozess löst sich das Weihrauchöl aus dem Harz. Allerdings wird für einen Liter reines Weihrauchöl die Menge von 10 oder 20 Kilogramm Baumharz benötigt. Dank der Intensität und Dichte des Weihrauchöls genügen bereits wenige Tropfen, um den köstlichen Weihrauchduft im ganzen Raum zu verteilen.
Studien ergaben, dass mindestens 200 verschiedene Inhaltsstoffe für den intensiven Duft der Boswellia-Gewächse verantwortlich sind. Von diesen gehen etliche in das Weihrauchöl über. Beeinflusst wird der Duft von Weihrauchöl von der Baumart, deren Standort, dem Klima, dem Erntezeitpunkt und der Bodenbeschaffenheit. Die wichtigsten Bestandteile des Weihrauchöls sind Ketone bzw. Olibanol, gelöste Harzpartikel, verschiedene Terpene – darunter α- und β-Pinen, Dipenten oder Camphen – außerdem Phellandren, Incensol und Incensylacetat, Bornylacetat, Linalool, Octanol und Octylacetat. Die Lagerung von Weihrauchöl sollte kühl, aber nicht kalt, und dunkel sein. In einem luftdicht verschlossenen Dunkelglas hält das Öl der Boswellia-Bäume bis zu zehn Jahre.
Die mit dem Weihrauchöl hergestellten Salböle und flüssigen Heilmittel wurden schon vor Jahrtausenden benutzt. Vor allem dem indischen Weihrauchöl schrieben die Pharmakologen eine adstringierende, desinfizierende, entzündungshemmende, schleimlösende, verdauungsfördernde oder harntreibende Wirkung zu. In anderen Kontexten galt das Weihrauchöl als menstruations- und wehenfördernd. Es wurde zur Wundheilung herangezogen und zur Narbenbehandlung eingesetzt. Auch als Immuntonikum fand es Verwendungen. Daher hat Weihrauchöl bis heute eine erstaunliche Anwendungsbreite. Diese wird von der modernen Medizin bisher allerdings nicht bestätigt.
Ohne Langzeitstudien mit höheren Probandenzahlen wird das Weihrauchöl nur in der Volksmedizin oder in ethnischen Medizinsystemen wie der TCM oder dem Ayurveda als Heilmittel anerkannt. Als intensives ätherisches Öl kann es zudem sensibilisierend wirken. Weihrauchöl kann allergische Erscheinungen auf der Haut oder – bei Inhalation über einen Verdampfer – an den Atemwegen auslösen.