Rauch und Rausch – die psychoaktive Seite des Weihrauchs
Als Räucherwerk im religiösen Kontext wird der Weihrauch nicht nur in der katholischen Kirche genutzt. Man bedient sich seiner auf der einen Seite wegen seiner Kostbarkeit und angenommenen Nähe zum Sakralen. Auf der anderen Seite hat Weihrauch reinigende und entspannende Wirkungen. Auch im asiatischen Raum sind Räucherstäbchen mit Olibanum-Duft üblich. Interessant ist die bewusste Nutzung von Weihrauch als Räucher- und Rauschmittel bei rituellen Anlässen. Dass geringe Mengen psychoaktiver Substanzen im Weihrauch enthalten sind, wussten bereits die alten Griechen und Ägypter.
Auch für die beruhigende und leicht berauschende Wirkung des Weihrauchs ist wieder eine Boswelliasäure verantwortliche: das Incensol. Die moderne Medizin überlegt nun, wie sie Incensol in Psychopharmaka einbauen könnte, um die stressmindernden und entspannenden Eigenschaften des Weihrauchs bei Depressionen, Angsterkrankungen oder anderen psychischen Erkrankungen nutzbar zu machen. Möglicherweise enthält der Weihrauch außer dem Incensol noch andere psychoaktive Substanzen. Behauptet wird oft, dass zumindest beim Verbrennen des Weihrauchs ein gewisser Anteil an THC entsteht. Das ist der halluzinogene Stoff, der das Cannabis so angenehm berauschend macht. Bewiesen wurde das THC bisher aber nicht.
Psychoaktive Substanzen im Rauch wurden bekanntermaßen auch von Sehern der Antike bis hin zum tibetischen Netschung-Orakel genutzt. Leider ist nicht überliefert, ob Weihrauch ein Bestandteil ihrer berauschenden Räucherzutaten war. Fakt ist aber, dass die Seherin Phytia ebenso wie andere in Trance arbeitende Orakel pflanzliche Rauschdrogen wie Lorbeer, Hanf, Myrrhe und Weihrauch einsetzten, um durch den aufsteigenden Rauch schneller in Trancezustände zu fallen.
Das Inhalieren von Weihrauch kann zwar nur einen entspannten und gelösten Zustand herbeiführen. Es kann bestenfalls leicht euphorisieren und den Geist öffnen. Für einen völlig losgelösten Zustand wird das Olibanum-Harz jedoch geraucht. Um die berauschenden Effekte des Räucherwerks zu erhöhen, wurde es oft mit anderen Halluzinogen vermischt. So finden sich Weihrauchextrakte auch in Kombination mit Opium, Alraune, psychedelischen Pilzen, Tollkirschen, Stechäpfeln, Muskatnusspulver, Hortensienblüten oder Bilsenkraut in Verwendung.
Vor allem Jugendliche experimentieren gerne mit den sogenannten „Naturdrogen“, weil diese als legal gelten und leicht beschafft werden können. Die Kids mischen sich oft selbst abenteuerliche Rausch-Cocktails zusammen. Deren Wirkung auf den Organismus und ihr Gefahrenpotenzial ist allerdings nicht abschätzbar.